Lange Zeit stand die Pinsa im Schatten der allgegenwärtigen Pizza. Dabei muss sich das belegte italienische Fladenbrot keineswegs verstecken. Zum Ausklang des Herbstes gibt es eine leckere Pinsa-Variante mit Kürbis.
Direkt zum rezeptIm Frühling habe ich in der Gegend, in der ich aufgewachsen bin, das Centro Italiano besucht. Ich war seit über 20 Jahren nicht mehr dort. Es ist eines dieser italienischen Club-Lokale, die es überall in der Schweiz gibt und die für ihre authentische italienische Küche bekannt sind – echte Hausmannskost! Das Besondere daran ist, dass das Centro zu meiner Schulzeit von der Familie einer Mitschülerin geführt wurde und wir oft dort gegessen haben. 🇮🇹🍝
An der Italianità hat sich in all den Jahren nichts geändert. Auch nicht an der gemütlichen Atmosphäre. Im Centro fühlt man sich nicht wie in einem Restaurant, sondern als wäre man bei italienischen Freunden zum Essen eingeladen. 👨👩👧👦 Bei meiner «Rückkehr» ins Centro habe ich etwas Neues auf der Speisekarte entdeckt: Pinsa. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich keine Ahnung hatte, was das ist. 🍕
Pinsa-Boom
Mir wurde erklärt, dass es sich um eine Art belegtes Fladenbrot handelt. So etwas wie eine Pizza, aber eben keine Pizza. 🫓 Neugierig wie ich bin, habe ich eine Pinsa bestellt und war begeistert. Wieso kannte ich das noch nicht? Natürlich kann niemand alle Spezialitäten eines kulinarisch so vielfältigen Landes wie Italien kennen, aber so etwas Leckeres hätte mir doch schon begegnet sein müssen. 🙈
Plötzlich war die Pinsa allgegenwärtig. Das Fladenbrot aus Rom gab es überall. Sogar im Supermarkt konnte man fertigen Pinsa-Teig kaufen. Ich hatte allerdings den Verdacht, dass ich nicht all die Jahre Tomaten auf den Augen gehabt haben konnte. Es war wohl eher so, dass die Pinsa in diesem Jahr zum italienischen Trendgericht avanciert ist. Als ich die Geschichte dieser köstlichen Pizza-Alternative recherchierte, wurde mir langsam klar, warum ich die Pinsa bisher nicht auf dem Schirm hatte. 😉
Pinsa-Geschichte
Es gibt italienische Gerichte, die sind Jahrhunderte alt. Die Pizza oder auch Lasagne gehören zu diesen «altehrwürdigen» Speisen. Dann gibt es Gerichte, die es erst seit wenigen Jahrzehnten bekannt sind, wie etwa Tiramisu, das es erst seit den 1960er-Jahren gibt. Und natürlich gibt es auch italo-amerikanische Kreationen wie Penne alla Vodka, die erst vor knapp 40 Jahren erfunden wurden.
Aber auch die jüngsten dieser Gerichte stammen aus der Zeit vor meiner Geburt und gehören damit für mich zu den italienischen Klassikern. Wie konnte ich also einen italienischen Klassiker wie die Pinsa nicht kennen? Die Antwort ist einfach: Weil es kein Klassiker ist! 😅
Es gibt viele Hinweise auf die Geschichte der Pinsa. Das Fladenbrot soll in Rom bereits 100 Jahre vor Christus existiert haben und soll auch in der Neuzeit typisch für die römische Küche gewesen sein. Der Name soll vom lateinischen Wort pinsere stammen, was so viel wie zerstossen oder zerstampfen bedeutet. Das Problem ist nur, dass es vielen Römerinnen und Römern ähnlich ging wie mir, auch sie kannten nämlich die Pinsa romana nicht. An Pizza und Focaccia kann man sich auch in Rom bis in die Kindheit zurück erinnern, aber an Pinsa? Fehlanzeige.
Der Grund dafür ist, dass die Geschichte der Pinsa frei erfunden ist. Erfinder der Pinsa ist der römische Unternehmer Corrado Di Marco. Anfang der 80er-Jahre experimentierte Di Marcos Firma von an neuen Teigmischungen, die bekömmlicher sein sollten. Der Vorläufer der Pinsa war ein Pizzateig aus Weizen- und Sojamehl.
Im Jahr 2001 kam dann die Pinsa auf den Markt. Zu den bereits früher verwendeten Mehlsorten kam Reismehl hinzu. 🌾 Um die neue Marke Pinsa romana bekannt zu machen, wurde als Marketing-Gag kurzerhand die «Geschichte» der Pinsa erfunden. Der Plan mit dem geschaffenen «Mythos» ging auf, heute gibt es Tausende von Pinserias auf der ganzen Welt.
Pizza vs. Pinsa
Dass bei der Geschichte geschummelt wurde, macht die Pinsa durch ein einzigartiges Geschmackserlebnis wieder wett. Aus meiner Sicht ist die Pinsa keine Alternative zur Pizza, sondern eine willkommene Ergänzung der italienischen Küche. Doch wo liegen die Unterschiede zwischen Pizza und Pinsa?
- Teig – Für den Teig wird eine Mischung aus Weizen-, Soja- und Reismehl verwendet. Das macht den Teig zwar nicht glutenfrei, aber bekömmlicher. Den gleichen Zweck erfüllt der Sauerteig. Entscheidend für einen luftigen Pinsa-Teig ist die lange Ruhezeit von bis zu drei Tagen. Die dadurch entstehenden Blasen im Teig machen die Pinsa sehr leicht, aussen knusprig und innen weich.
- Form – Während die Pizza rund ist, hat die Pinsa eine ovale Form. Das liegt daran, dass die Pizza traditionell in der Luft gedreht wird, um ihre Form zu erhalten. Der Teig der Pinsa hingegen ist dafür zu feucht, weshalb er flachgedrückt und in die Länge gezogen wird und so seine typische Form erhält.
- Belag – Der Hauptunterschied zur Pizza ist der Belag. Nicht was darauf kommt ist anders, sondern dass die Pizza vor und die Pinsa nach dem Backen belegt wird. Die Pinsa ist also eine Art belegtes Fladenbrot.
Pinsa mit Kürbis
Für unsere herbstliche Pinsa haben wir uns in Südtirol inspirieren lassen. Am Kalterer See, oder Lago die Caldaro, wie er auf Italienisch heisst, haben wir in einem wunderschönen Restaurant zu Mittag gegessen. Das einzige vegane Gericht auf der Karte war eine Pinsa mit Kürbis. 🎃 Als Fans von Kürbis haben wir es uns natürlich nicht nehmen lassen, das Rezept zu verfeinern und ihm unsere eigene Handschrift zu verpassen. 👨🏻🍳
Wir rösten den Kürbis zunächst im Ofen und verarbeiten ihn dann zu einem feinen Püree. Der feine Geschmack des Hokkaidokürbis und die Röstaromen machen den Belag zu einem wahren Gedicht. Zum Schluss wird das Kürbispüree auf dem gebackenen Fladenbrot verteilt, mit ein paar Tropfen Kürbiskernöl, trockenen Kürbiskernen und etwas Thymian verfeinert und schon ist die herbstliche Pinsa fertig.
Apropos Genuss. Am liebsten schneiden wir die Pinsa auf und geniessen sie mit Freunden. Pinsa verbindet. Buon appetito!
Das brauchts
Für den Pinsa-Teig
- 450 g Weissmehl fein, Tipo 00 oder Typ 405
- 60 g Reismehl
- 50 g Sojamehl
- 1 Päckchen Trockenhefe 7 g
- 1 Päckchen Sauerteigpulver 10 g
- 2 TL Salz
- 330 ml Wasser
- 2 EL Olivenöl
Für den Kürbis-Belag
- 1 Hokkaidokürbis ca. 800 g – 1 kg
- 2 Knoblauchzehen gross
- Salz
- Olivenöl zum Bestreichen
- Kürbiskernöl*
- 40 g Kürbiskerne
- Rosmarin frische Zweige
So wirds gemacht
Pinsa-Teig
- Weissmehl, Reismehl, Sojamehl, Trockenhefe, Sauerteigpulver und Salz in einer Schüssel mischen
- Wasser und Öl dazugeben und von Hand 15 bis 20 Min zu einem glatten, feuchten Teig kneten (Küchenmaschine 10 Min)
- Zugedeckt bei Raumtemperatur 60 Min ruhen lassen, dann zugedeckt im Kühlschrank min 48 Std (idealerweise 72 Std) ruhen lassen
- Teig 1 Std vor der Weiterverarbeitung aus dem Kühlschrank nehmen
- Teig in 4 gleich grosse Stücke teilen, auf einer bemehlten Fläche flach drücken und vorsichtig zu einer ovalen Form ziehen, dann auf zwei mit Backpapier belegte Bleche legen und vor dem Backen mit etwas Olivenöl bestreichen
Kürbis-Belag
- Ofen auf 180 Grad Umluft vorheizen
- Den Kürbis halbieren und mit einem Esslöffel entkernen, die Schale mit einem Messer mehrmals einstechen
- Das Kürbisfleisch mit Olivenöl bestreichen und leicht salzen
- Knoblauch schälen und ebenfalls auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen, Kürbis mit der Fleischseite nach unten auf den Knoblauch legen und in der Ofenmitte 60 Min backen, bis das Kürbisfleisch weich ist
- Den Kürbis aus dem Ofen nehmen, das das Kürbisfleisch mit einem Esslöffel aus der Schale kratzen und zusammen mit dem Knoblauch mit einer Gabel zerdrücken und mit Salz abschmecken
Kürbis-Pinsa
- Ofen auf 240 Grad vorheizen (Ober-/Unterhitze oder Pizza-Funktion)
- Teigfladen auf der untersten Rille 8-9 Min backen und dann aus dem Ofen nehmen
- Das Kürbispüree auf den gebackenen Pinsas verteilen, mit etwas Kürbiskernöl beträufeln und mit einigen Kürbiskernen und Rosmarinzweigen garnieren
Tipp!
- Der Schlüssel zu einer perfekten Pinsa ist die lange Ruhezeit. Haltet die Ruhezeit von drei Tagen wann immer möglich ein.
- Statt Hokkaido könnt ihr auch Butternut-Kürbis verwenden.
- Wer möchte, kann die Pinsa vor dem Geniessen mit etwas grobem Meersalz bestreuen.
Cool, ich wusste bisher irgendwie nicht, was der Unterschied zwischen Pinsa und Pizza sein soll 😂
Ich fand das Rezept super, bis auf die Kèrbiskerne, die sind sind irgendwie zu hart für den fluffigen Belag.
Trotzdem, super Rezept!
Hoi Ivan
Danke für das Feedback! Ja, die Kürbiskerne sind sicher Geschmacksache. Man kann sie natürlich auch problemlos weglassen. Beim Belag ist sowieso alles erlaubt, was man gerne isst. 😊
Weiterhin viel Spass bei uns!
Viele Grüsse
Sam